Weltbürger Stipendium - Beitrag 03 - Auslandsjahr in China - Das Interview

Reportage von
Gast

Du willst ins Ausland, vielleicht nach China? oder bist einfach nur neugierig? Dann nimm dir Zeit für dieses Interview!

Ein Auslandsjahr in China

Heutzutage gibt es Unmengen von Jugendlichen in Deutschland und weltweit, die sich wünschen oder planen ein Auslandsjahr zu machen.

China ist bis jetzt ein wenig gewähltes Ziel, das jedoch immer mehr an Interessierten gewinnt.

Hier einige Beispiele wie es verlaufen könnte, erzählt von Schülern, die diesen Schritt wagten.  

(Alle befragten kamen für  mindestens 10 Monate nach China.)

T: Thilo

M: Maya

G: Gillian

S: Ich selbst, Stéfani

1.    Wieso kamst du nach China?

T: Um Sprache und Kultur kennenzulernen.

S: Um noch eine weitere Weltsprache zu erlernen, die mir in meiner Zukunft hoffentlich viele Möglichkeiten und Vorteile verschaffen wird.

Was sind deine Ziele hier?

T: HSK Level 5

S: HSK Level 4, im Alltag problemlos klar zu kommen, etc.

 

Wie bist du darauf gekommen? Selbst oder durch jemand anderes?

T: Durch meine Eltern

S: Alter Vorschlag meiner Eltern, den ich dann nach Jahren wieder aufgegriffen hatte.

2.    Wie hat dich deine Gastfamilie aufgenommen?

T: Ganz gut, sie haben mir erst mal die Wohnung gezeigt und dann alles erklärt.

M: Meine alte: Erst etwas zurückhaltend und unsicher, dann später eher gleichgültig.

Meine neue: Zunächst eher zurückhaltend aber sehr interessiert und herzlich.

G: Herzlich, erfreut und sehr bemüht

3.   Wann würdest du sagen war deine Eingewöhnungszeit vorbei?

T: 1 Monat

M: Nach ca. 2-3 Wochen

G: Schnell, 1-2 Wochen

 

4.   Waren sie von Anfang an gleich zu dir?

T: Nein, es wurde nach und nach besser, sie haben mich mit der Zeit immer besser verstanden. Am Anfang fanden sie meinen Tagesrhythmus etwas komisch.

M: Nein, das liegt glaube ich teils an der Sprachbarriere und teils dass sie noch etwas unsicher bei dem Umgang mit mir sind.

G: Nein natürlich nicht, auch sie mussten sich erst an mich gewöhnen, jetzt ist alles vertrauter.

 

5.    Behandeln sie dich wie ihr eigenes Kind?

T: Ja, ich habe besonders zu meiner Gastmutter ein super Verhältnis.

S: Nein überhaupt nicht. Gerade was Ausgehzeiten angeht, bilden sich unterschiedliche Meinungen wie spät ich und wie spät meine Gastschwester raus dürfen.

6.    Was für Unterschiede sind dir zwischen deutschen und chinesischen Familien aufgefallen?

Alle:

·      Essen (wann man warm, wann kalt isst)

·      Die Freiheiten, die den Kindern gegeben werden (Ausgehzeiten, FreundIn haben dürfen, über Freizeit selbst bestimmen dürfen)

·      Die Erziehungsmethoden z.Bsp.: Kinder müssen nie an der Hausarbeit teilnehmen und lernen daher meistens erst ab der uni selbstständig zu sein, dafür stehen sie aber unter großen Druck, da erwartet wird, dass sie die Eltern im Alter unterstützen können (Keine Rente, fast keine Studienplätze)

·      Die Größe der Gesamtfamilie ( + Verwandtschaft) die man während der Feiertage immer besuchen muss

 

7.    Wie findest du Chinesischen Humor?

T: Nicht ganz mein Geschmack.

·      Wie würdest du ihn beschreiben?

T: Sarkasmus oder Ironie wird nicht gerade großgeschrieben. Humor ist einer der wenigen Bereiche bei denen Chinesen ziemlich direkt sein können, jedoch auch humorvoll.

·      Was ist anders zu deinem?

T: Ich bin gerne sarkastisch oder ironisch.

 

8.   Hattest du am Anfang große Schwierigkeiten durch die Sprachbarriere?

T: Ich hatte das Glück, dass das Englisch meines Gastbruders recht gut ist, was ich jetzt nicht mehr brauche, da ich hauptsächlich chinesisch spreche.

M: Ja, wenn ich nach dem Ablauf oder Gegenständen im Alltagsleben fragen oder die Fragen meiner Gastfamilie über Deutschland beantworten wollte, fiel es mir schwer.

G: Nicht wirklich, mit Englisch, Händen und Füßen kommt man hier auch weiter, bis man die Sprache besser kann.

 

9.   Wie ist dein Verhältnis zu deiner Gastschwester/Gastbruder?

T: Ganz in Ordnung, leider haben wir nicht viel gemeinsam, aber reden trotzdem ab und zu miteinander.

M: Mit meiner Gastschwester verstehe ich mich sehr gut. Sie ist für mich inzwischen wie eine Cousine geworden.

G: Wenn er am Wochenende zu Hause ist (wohnt in der schule), verstehen wir uns ganz gut.

S: Auch wenn meine Gastschwester und ich komplett verschiedene Menschen sind, haben wir viele Ausflüge zusammen gemacht und unternehmen ständig etwas miteinander.

·      Und das Verhältnis zu deinen Gasteltern?

T: Zu meiner Gastmutter ist es sehr gut, wir reden viel, sie hilft mir beim lernen und wir unternehmen regelmäßig etwas gemeinsam. Mein Gastvater ist leider fast nie zu Hause, da er viel arbeiten muss.

M: Gut, auch wenn ich im Umgang mit ihnen noch Schwierigkeiten habe.

10.Kennst du noch weitere Verwandte?

T: Ja, ich habe viele während meiner Reise mit meiner Gastfamilie nach Harbin (Chinas „Klein-Russland“) kennengelernt, andere bei diversen Abendessen.

M: Viele kenne ich noch vom Neujahrsfest, da sich die Familien treffen um zusammen feiern.

11.Wie findest du chinesisch Essen?

T: Am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig aber ich bin inzwischen total zum Fan geworden.

M: Ich LIEBE es.

G: Trifft meistens total meinen Geschmack, vieles ist auch Gewohnheitssache.

·      Konntest du dich sofort umstellen und daran gewöhnen?

T: Teilweise, manchmal sah das Essen etwas abwegig aus.

M: Ja, ich war ja schon einige Male in China und kannte es bereits.

G: Das meiste hat mir auf Anhieb geschmeckt, abgesehen davon hatte ich auch nie Probleme mit dem Magen.

 

12.Welches ist das beste und das schlechteste Essen was du probiert hast?

T: 烩面 Huimian, eine Nudel Spezialität aus Zhengzhou und ein großer schwarzer frittierter Skorpion in Beijing.

M: 包子 Baozi (gefüllte Dampfbrötchen) und 豆腐脑Doufunao (ein art Tofubrei)

G: Vielleicht 北京烤鸭 Peking-Ente, aber nicht die aus Beijing, sondern die aus Zhengzhou und 苦瓜 Kugua (übersetzt bitterer Kürbis), noch nie vorher gesehen oder gegessen. Sehr, sehr bitter und eklig.

 

 

13.                 Kannst du selber schon etwas nachkochen?

T: Eierreis, Schweinefleisch süß-sauer, 麻辣豆腐 Maladoufu (scharfer Tofu), 烩面 Huimian

M: Mapo-/Maladoufu, 饺子 Jiaozi

G: Ja, 12 chinesische Gerichte, darunter Schweinefleisch süß-sauer.

 

14.                 Wie ist deine Schule in China? Was ist gut, was schlecht?

T: Ganz OK, die Klassen sind sehr offen und man kann schnell Freunde finden, leider hört sie spät auf und am Anfang versteht man kaum etwas.

M: Gut, dass es nicht so viel Gruppenarbeiten gibt, sondern viel Frontalunterricht. Schlecht, das alles so Buchfixiert ist.

G: Sehr anstrengend für alle Schüler, da zu viel Druck auf die Schüler ausgeübt wird, alles nur auswendig gelernt wird, es sehr wenig Freizeit gibt und somit soziale Kompetenzen schwer auszubauen sind.

S: Sehr anders zum Unterricht an deutschen Schulen. Man muss auch berücksichtigen, dass normale Klassen in China ca. 70 Schüler haben (unsere nur ca. 20), sodass auch anderer Unterricht gegeben werden muss.

15.Lernst du viel am Tag?

T: Ja, 2-3h/Tag, aber ich komme gut damit klar.

M: Eigentlich schon, min. 4h/Tag, aber es ist trotzdem zu wenig um mein chinesisch auf das Level zu bringen was ich mir erwünsche.

G: Ich möchte am ende HSK 5 bestehen, deshalb ja.

S: Mehr als ich je in Deutschland gelernt hatte. Es zahlt sich aber auch aus, je mehr man versteht, desto einfacher kommt man zu recht und kann seine Zeit genießen.

 

16.Wie gut ist dein Chinesisch jetzt schon?

T: Ganz gut.

S: Man kann fast alles sagen was man möchte.

·      Was kannst du damit alles machen?

T: Normale Konversationen führen.

S: Einkaufen, Leute kennenlernen, Tickets selbst bestellen, etc.

·      Würdest du sagen du hast eine Menge gelernt?

T: Ja.

S: Ja auch, aber es hätte mehr sein können.

·      Bist du zufrieden mit deinem Fortschritt?

T: Ja.

S: Ja, jedoch nicht sehr stolz.

17.Was machst du in deiner Freizeit gerne?

T: Badminton, mit freunden treffen

S: Schwimmen gehen, reisen, ins Café gehen, etc.

18.                 Schaust du viel Fernsehen oder Serien?

T: Meistens Serien mit chinesischen Untertiteln

S: Fernsehen gar nicht, Filme und Serien auch nur begrenzt.

 

19.                 Wie findest du es, dass du mehrere Austauschschüler um dich herum hast?

T: Gut.

S: Wichtig. Ich hätte echt Probleme gehabt, wäre niemand da gewesen, der mich versteht in Problemsituationen.

·      Falls gut, wieso?

T: Man hat Leute um sich rum, mit denen man was gemeinsam erleben kann und später dann auch wieder sehen kann.

S: Man geht zusammen raus die Stadt entdecken, wofür Chinesen nicht immer Zeit haben/Lust und zeigt/erzählt sich immer wieder interessante neue Sachen.

20.Bist du schon gereist in China?

Falls ja,

·      Wohin?

T: Harbin, Beijing,…

·      Mit wem?

T: Gastmutter,-bruder und -onkel

·      Wie lange?

T: 2½ Wochen

·      Welcher Ort hat dir am besten gefallen?

T: Harbin

·      Wieso hat er das?

Es gibt dort eine riesige Stadt aus Eis

 

21.Wo würdest du noch gerne hinreisen?

西安 Xian.

·      Wieso dorthin?

Weil es schon immer mal mein Traum war die 兵马俑Terrakottaarmee zu sehen

 

22.Möchtest du wieder nach China kommen?

Ja, auf jeden Fall!

·      Falls ja, wieso?

Um es meinen Eltern zu zeigen, um meine Gastfamilie wiederzusehen, weil ich noch nicht alles gesehen, was ich sehen möchten.

·      Wohin würdest du dann gehen wollen?

Peking, Zhengzhou, Hangzhou, Hainan

23.                 Warst du vorher schon einmal in China?

M: Ja schon einige Male.

T & S: Nein.

·      Falls nicht, ist China so wie du es dir vorgestellt hast?

T: Ja.

S: Nein, viele Dinge die mir über das Land und besonders über die Menschen erzählt worden oder die ich gelesen hatte, erwiesen sich als falsch. Ich hatte mich mir den Umgang mit meinen Mitmenschen auch einfacher vorgestellt, dafür habe ich jetzt aber gelernt, dass es auch ganz andere Denkweisen, als die unsere, gibt und somit meinen Horizont erweitert.

 

24.                 Was war der beste Feiertag den du miterlebt hast?

Alle: Chinesisches Neujahr

T: Es war wie Weihnachten und Silvester zusammen!

M: So viel leckeres Essen!

G: Es ist das größte chinesische fest und es war sehr interessant zu erfahren, wie Chinesen es feiern.

S: Die Menschen zeigen sich von ihrer besten Seite und tun alles um im neuen Jahr gutes Glück zu haben. Familie ist wie immer wichtig und deshalb verbringt viel Zeit miteinander um Neujahr herum.

 

25.Hast du während deinem Aufenthalt viel der chinesischen Kultur mitbekommen? Falls ja, nenne ein paar Beispiele?

T: Die Familie ist sehr groß!

Mahjong ist ein sehr interessantes Spiel.

Respekt spielt eine sehr große Rolle.

S: Nichts ist wichtiger als die Zukunft der eigenen Kinder.

Kollektives denken ist sehr verankert.

Chinesen sind immer darauf bewahrt ihr „Gesicht“ zu waren, bzw. dass des Gegenübers, daher werden unangenehme Angelegenheiten entweder überhaupt nicht oder meist nur (für mich gesehen) in Rätselsprache angesprochen.

Woher weißt du es?

Ich habe es selber erlebt und ich wurde auf einiges von meiner Gastfamilie hingewiesen.

·      Was gefällt dir an der Kultur am besten?

Die Sprache, Esskultur, allgemeine Vielfalt.

26.Was war das verrückteste was du in China erlebt hast?

T: Hosen für Kleinkinder mit schlitzen im Schritt.

S: Das Komisches in der Öffentlichkeit passieren kann und keiner auch nur ein Blick daran verschwendet z.Bsp. Leute die im Bus einfach anfangen laut zu singen oder Serien zu schauen, alte Leute die sich auf den Kopf schlagen (soll gegen Schmerzen helfen) oder einfach ein Unfall auf der Straße.

27.China ist ein sich momentan rasant veränderndes Land, hast du von diesem Wandel mitbekommen?

T: Kaum.

S: Ja, wenn man genau aufpasst schon. Man sieht nicht nur an der tausend Baustellen und Hochhäusern die wie Pilze aus dem Boden sprießen, man merk es an der Art wie viele Menschen (besonders in den Großstädten) ab und zu total widersprüchlich sind.

Auf einer Seite gibt es die ganzen westlichen Einflüsse (Werbung, Mode, Medien), auf der anderen aber halten sie, vielleicht sogar unbewusst, an ihren alten Ideen fest. Die unterschiedlichen Denkweisen kann man sehr gut zwischen der jetzigen und den letzten beiden Generationen sehen.

28.                 Hast du dich verändert seit du hier bist? Falls ja, was hat sich an dir verändert?

T: Ja. Ich bin jetzt offener, selbstbewusster als vorher und dazu noch sehr gewachsen.

S: Ich bin von natur aus ein sehr chaotischer, verplanter Mensch, aber in China konnte ich das schon sehr in der Griff bekommen. Ich habe hier auch gelernt mich zu Sachen motivieren zu können auf die ich keine Lust habe (z.Bsp. selbständig lernen).

·      Wie stehst du zu dieser Veränderung?

T: Gut.

S: Sehr gut. Ich denke, dass es mir später bestimmt weiter helfen wird.

29.                 Was hast du aus deinem Aufenthalt in China gelernt? Wie hast du das gelernt?

T: In der Schule Chinesisch und wie man mit Chinesen am besten umgeht in der Zeit in der ich unter/mit ihnen gelebt habe.

S: Neben der Sprache und einen kleinen Teil der Kultur, habe ich sehr viel über mich selbst gelernt. Was mir wichtig ist und was gegen meine Werte geht, hat mich mein Aufenthalt mal auf die Gute und mal die schlechte Weise gelehrt.

30.                 Würdest du gerne länger bleiben? Falls nicht, wieso?

T: Nicht unbedingt. Ein Jahr reicht, danach würde man schon gerne mal wieder zurück nach Deutschland, aber ich werde bestimmt noch einmal herkommen.

 

31.                 Freust du dich zurück nach Deutschland zu gehen? Falls ja/nein, wieso?

T: Ja und nein. Auf einer Seite sieht man seine Freunde und Familie wieder, auf der anderen lässt man viel zurück.

S: Ja langsam schon, ein Jahr ist eine lange Zeit (die ich aber nicht bereue), wenn man vorher noch nie so lange von allem getrennt war. Außerdem hab ich jetzt so viele neue Ideen und Pläne die durchgeführt werden müssen in Deutschland!

Ende des Interviews.

So jetzt bist du bestimmt auch schon ganz heiß drauf selber ins Ausland zu gehen, deine eigenen Erfahrungen zu machen können und dann stolz nach Hause kommen zu können.

Ich kann dir dazu nur sagen, wenn es irgendwie geht, mach es! Du wirst es nicht bereuen.

Falls das nicht der Fall sein sollte hoffe ich trotzdem, dass dich mein Artikel inspirieren konnte.

Danke, an dich (den Leser) das du bis zum Schluss ausgehalten hast und auch an meine fleißigen Helfer, die mich bei diesem Artikel und noch wichtiger bei diesem Auslandsjahr unterstütz haben.

Stéfani B. Moreno Mammel (China, 2013/2014)