Ano novo na roça!

Reportage von
Gast

Das Neujahr feiert der Brasilianer idealerweise an der Copacabana, am Strand in weißer Kleidung und mit fünfzehn-minütigem Feuerwerk über dem Meer. Das Partyklieschee. Mein Jahreswechsel war ein bisschen anders, aber trotzdem wunderschön!

Meine beiden Gastgeschwister haben mir schon bei unserem ersten gemeinsamen Abendessen entschuldigend erzählt, dass wir Reveillon auf der ‘Roça’, dem Bauernhof der Großmutter, verbringen würden; einem furchtbaren Ort, mitten im Nichts, ohne Telefonnetz geschweige denn WLAN!

Wenn ich ehrlich bin, war ich unglaublich aufgeregt, diesen Ort im Inland des Bundesstaates kennenzulernen, denn seit ich hier in Brasilien angekommen bin, hab ich zwar ein Vierteljahr lang jeden Tag eine kleine Weltreise in die Schule und zurückgemacht, aber aus dem 45 Kilometerumkreis von Belo Horizonte war ich dennoch nicht herausgekommen.

Die Farm ist ungefähr 300 Kilometer von hier entfernt, drei stickige Autostunden, eingequetscht auf der Rückbank und das erste Mal ein Gefühl dafür, wie riesig dieses Land tatsächlich sein muss, selbst wenn ich noch immer nur ein winziges kleines Stückchen davon gesehen hab. Ich finde es immer noch sehr lustig, wenn meine lieben Miitmenschen hier von Entfernungen reden; zweihundert, dreihundert, vierhundert Kilometer sind für Brasilianer “kurze Strecken” und “nicht weit weg”. Alles was weiter ist, ist allerdings dann doch schon einen (leider IMMER überteuerten) Inlandsflug wert.

Die Zeit auf der Roça stellte sich – zumindest für meinen romantisierenden Gringa-Augen – als viel weniger schrecklich heraus, als es vorher so eindrücklich beschrieben worden war; fünf verträumt - faule Tage zwischen Palmen,…

... schwer behangenen, wunderschönen Mangobäumen (meiner Hauptnahrungsquelle), dem Pool, den meine kleinen brasiliansichen Cousins gar nicht verlassen wollten, Churrasco (brasilianischen Barbecue) zu einem Großteil der Malzeiten, …

… Pflanzenkunde mit meiner Hostgranny (mich sehen hier immer alle belustigt an, wenn ich angesichts der "exotischen" Früchte ganz aufgeregt bin, allerdings verwandelt sich die Belustigung fast immer sehr schnell in bestürtzte Verwunderung wenn ich dann erkläre, dass es in Europa nun einmal spärlich Bananen, Mangos, Ananas, oder gar Jabuticaba aussieht), schier endlosen Mau-Mau-Tunieren, grünen Vögeln, Erdnusspflanzung im Regen, ...

 

... einem gescheiterten Fisch-Versuch und sonnenverbrannte erste Reiterfahrungen durch die Hügellandschaft (bei denen nicht ich, sondern meine Gastschwester recht einschüchternderweise vom Pferd gefallen ist).

Eine sehr entspannte, bodenständige Zeit, back to the roots, ein schon fast phänomenal unspektakulären Jahreswechsel, mit einer einzigen Rakete - die fast in der nächsten Bananenpalme gelandet wäre -, einem riesigen Sternenhimmel und einem beherzten gemeinschaftlichen, mitternächtlichen Sprung in den Pool!

Als die fünf Tage dann vorbei waren, waren meine Gastgeschwister ÜBERGLÜCKLICH und meine neuste und einprägsamste Vokabel der gesamten Rückfahrt war ihr inbrünstiger Ausruf; Eu não aguento mais!, ich halts nicht mehr aus! meine Gasteltern haben sich sehr amüsiert.

 

Mir hat diese Abeschiedenheit dann auch gereicht und ich hab mich gefreut wieder zurück in der Großstadt zu fahren, hauptsächlich wegen des Internets,

aber ich würde lieben gern in dieses verwilderte Paradies zurückkehren, die Erdnüsse ernten und sehen ob die vier schwarzen Katzenjungen (von denen ich es leider nicht geschafft habe ein Foto zu machen) wiedersehen. 

Und ich glaube, meine Gastmom hat sogar schon etwas in die Richtung erwähnt - ihr hättet den Gesichtsausdruck meiner geliebten kleinen Schwester sehen sollen!!!